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unsere November 2006 story

20.11.06

Wir sind seit 14.11.06 im Kosovo, in Peja (Pec). Wir sind von Rozaje (Montenegro) mit dem Bus die 30 km über die Berge nach Peja gereist. (Den gleichen Weg haben 1999 70'000 Flüchtlinge in umgekehrter Richtung gemacht, zu Fuss.)
Die Einreise war kein Problem: den Pass abstempeln lassen. Wir waren im voraus überzeugt, dass das Reisen auch im Kosovo Freude machen wird, und ohne Probleme möglich ist. Die ersten paar Tage haben dies bereits bestätigt.

Der erste Eindruck war gleich positiv. Einige Beispiele:
Am Busbahnhof angekommen wollen wir zuerst den Preis eines Kaffees wissen, von einem Taxifahrer. Ist für ihn kein Geschäft, er ist trotzdem freundlich, spricht Deutsch, war in München. Zu Fuss Richtung Zentrum, rein ins erstbeste Cafe. Der Mann war in Hochdorf (LU), spricht einigermassen Deutsch. Erster Kontakt mit der KFOR: Wir fragen einen Italienischen Soldaten nach dem Weg. Wir sprechen nicht Italienisch, er kaum Englisch. Er holt aber eine Strassenkarte aus dem Jeep und hilft uns. An einer weiteren Strassenecke fragen wir nochmals nach dem Weg, einen jüngeren Mann. Er kann Deutsch. Ein Mann in Anzug und Kravatte stösst dazu, spricht Französisch, offeriert uns zu einem günstigen Hotel zu fahren. Wir nehmen an. Er handelt dort noch 50% Ermässigung aus. Es ist der Gerichtspräsident von Peja. Wir sollen im Gericht bei ihm vorbeikommen, für einen Kaffee. (Wir werden dies noch machen). Dies Begegnungen innerhalb der ersten 2 Stunden nach Ankunft im Kosovo.

Anderntags kommen wir an einem Büro vorbei, mit einem Kleber an der Scheibe: Schweizerisches Arbeiterhilfswerk. Die Frau ruft uns rein, offeriert uns Fruchtsaft und erzählt über ihre Arbeit (für eine NGO, Jobvermittlung) und ihren Kontakt zur Schweiz.

Am dritten Tag machen wir eine Wanderung in das Rugova Tal westlich von Peja. Wunderbares Wetter, schöne Tannenwälder, die Berggipfel mit Schnee. Unterwegs zum letzten Dorf (4 km von der Grenze zu Montenegro) können wir mit 2 Waldarbeitern ein Stück mitfahren. Der eine war in Lyss bei Bern. Auf dem Rückweg kommen wir über eine kleine Brücke. Daneben ein (bereits etwas verwittertes und schäbiges) Schild: gebaut von der Swisscoy, Swiss Engineer Unit. Von der Brücke zurück nach Peja per Autostop, mit einer Amerikanerin aus Washington, in einem Jeep mit CD Nummer. Sie arbeitet in der Hauptstadt Pristina (und liebt diese Stadt).

Fahrzeuge verschiedenster Beschriftung sind in der Stadt anzutreffen: UN, OSCE, Danish Refugee Council, Schweizerisches Arbeiterhilfswerk, KFOR Carabinieri, KFOR 24 Dolomiti Mobile Workshop, etc. In einem Hinterhof auch ein alter Lieferungswagen aus Monika's Heimat: Malergeschäft - Bauernmalerei Marcel Addor, Gstaad.

Wir besuchen das Kloster des Patriarchates von Pec, der Serbisch Orthodoxen Kirche. Dieses ist etwas ausserhalb der Stadt. Erste Kontrolle 500 Meter davor. Pass abgeben, gegen Plastikausweis. Zweite Kontrolle vor dem Klostereingang. (Beide Kontrollen durch Italienische Soldaten.) Ein trauriger Anblick, ein von Stacheldraht umzäumtes Kloster. Wir sind die einzigen Besucher. Im Kloster sprechen wir Serbisch, in der Stadt nur Englisch oder Deutsch.
Wir besuchen das Kloster in Decani, 15 km südlich von Peja. Aehnliche Kontrolle, aber ohne Passabgabe. Weitere Besucher sind Deutsche und Italienische Offiziere, sowie Amerikanische Soldaten. (Diese gehen mit umgehängtem Gewehr in die Kirche.)
Beide Klöster sind für die Serbisch Orthodoxe Kirche sehr, sehr wichtig. So werden sie von der KFOR beschützt. Offene Konflikte gibt es aber keine mehr. Wir fühlen uns hier auch so wohl und sicher wie ehemals zu Hause in Kefikon.

Weitere Eindrücke aus Peja:
- Imposante Kulisse: westlich und nördlich der Stadt erheben sich gleich imposante Berge, 2300 - 2500 m hoch. (Peja liegt auf 505 m).
- Viele Leute in den Strassencafes, allerdings mit einer Jacke. Ueber Mittag grosses Flanieren entlang der Promenade: Sehen und gesehen werden.
- Schönes und warmes Wetter. (Der Winter soll hier allerdings kalt sein, minus 20 und viel Wind.)
- Ganz normales Alltagsleben, ruhig und gelassen, obwohl man Militärfahrzeuge oder Soldaten zu Fuss sieht.
- Die Leute im Marktquartier (mit extrem vielen Kleiderläden) überhaupt nicht aufdringlich. Wir können da ungestört bummeln.
- Sehr viele Neubauten, fertig gebaut oder nicht. (Peja war 1999 die Stadt mit den grössten Kriegsschäden.)
- Gastfreundliche und hilfsbereite Leute. (Wir waren Sonntagmittag in einem gemütlichen Cafe, inzwischen unsere 'Stammbeiz', am lesen und schreiben. Wir haben uns nur kurz mit einem älteren Mann unterhalten, auf Französisch. Er hat dann insistiert dass er unsere Rechnung begleicht.)
- Häufiger Stromausfall (täglich, meist mehrmals). Ist aber kein Problem: viele Cafes, Restaurants, etc haben Notstromaggregate, zum Teil auf dem Trottoir stehend.
- Mehr Internetcafes als bisher in anderen Städten.
- Sehr viele junge Leute.

13.11.06

Im Moment sind wir wieder in der Montenegrinischen Hauptstadt Podgorica, für 2 Tage.
Nach 3 Wochen am Meer sind wir wieder ins Landesinnere aufgebrochen. Für grosse Wanderungen sind uns die Tage nun zu kurz und zu kalt. Damit wir trotzdem Orte besuchen konnten die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen sind (und mangels Verkehr auch nicht per Autostop) haben wir für 5 Tage ein Auto gemietet. So sind wir von Podgorica aus auf der alten Strasse Richtung Norden aufgebrochen, über viele Pässe bis nach Matesevo. Dann Richtung Osten über einen weiteren Pass (1573 m) auf dem schon etwas Schnee lag, bis zum See von Plav. Hier waren wir quasi zuhinterst im Lande: Je ca 10 km von Albanien und dem Kosovo entfernt. Die imposante Bergkette Prokletije bildet die Grenze. Unser Versuch einen ersten Blick in den Kosovo zu werfen blieb erfolglos: Wir wollten zum Pass Cakor (1849 m) hochfahren, von dem es runter nach Pec geht. Wir kamen kurz vor dem Pass wegen Schnee nicht weiter. Nebst einem Traktor ist auch kein Auto so weit hochgefahren. Janu, wir konnten wenigstens eine schöne Aussicht geniessen.
Weiter haben wir mit dem Auto in diesen 5 Tagen besucht: Das Kloster Ostrog (aus dem Jahr 1665, in eine Felswand 900 m über dem Talboden gebaut), einen Teil des Tara Canyons (80 km lang, max 1300 m tief) und ganz kurz die Nationalpärke Durmitor und Lovcen.
Auf der Spitze des Berges Lovcen (1749 m, 20 km Passstrasse ab der alten Hauptstadt Cetinje) ist das Mausoleum des Nationaldichters Njegos. Da wir die einzigen Besucher waren, bekamen wir die Schlüssel und konnten das Mausoleum selber auf- und zuschliessen. Vom Lovcen, dank gutem Wetter, sahen wir unter uns den grossen Fjord von Kotor.

Montenegro ist ein kleines und schönes Land. Es scheint nur aus Bergen zu bestehen (abgesehen von der grossen Ebene nordwestlich vom Skadar See, in der die grossen Städte Podgorica und Niksic liegen). Das Land durchziehen unendlich viele kleine Strassen, über unzählige kleinere oder grössere Pässe. Die meisten Strassen sind so eng, dass 2 Autos nicht oder nur mit Mühe aneinander vorbeikommen. Der Verkehr auf diesen Nebenstrassen ist praktisch gleich Null. Das Landesinnere ist auch sehr dünn besiedelt. Viele Bauernhöfe oder Dörfer wurden auch schon vor Jahrzehnten aufgegeben.

Bereits ist es 1 Monat seit wir nach Montenegro kamen. Nun brechen wir wieder auf. Nächstes Ziel: der Kosovo.

02.11.06

Wir sind nun seit 14 Tagen am Meer. Zuerst 3 Tage in Sutomore, dann 10 Tage in Petrovac, und nun seit gestern Sonntag (29.10.06) in Ulcinj. Sutomore und Petrovac sind kleine Orte, beide mit einem kleineren Strand, ein paar 100 m breit. Ulcinj ist eine Stadt, ca. 20 km von der Grenze zu Albanien entfernt. Der Strand ausserhalb der Stadt ist 12 km lang, mit feinstem Sand. Wir sind heute ein paar km davon abgelaufen. Wir haben sehr Glück mit dem Wetter. Die letzten 14 Tage war es praktisch nur schön und warm. Das Wasser ist wahrscheinlich noch knapp 20 Grad, auf jeden Fall ging Paul bis letzten Samstag noch schwimmen. Touristen hat es an allen 3 Orten praktisch keine mehr. Mehr als ein Dutzend haben wir wohl nie am Strand beobachtet. (Im Sommer sind es sicher Tausende). Die Unterkünfte sind auch günstiger als in der Saison. In Sutomore für ein Zimmer mit Balkon und Meersicht 10 Euro, in Petrovac für ein kleines Appartement 30 m vom Strand 15 Euro, und hier in Ulcinj 12 Euro für Zimmer, Terasse, Meersicht, Kochgelegenheit. Dies pro Nacht für beide.
Hier in Ulcinj merken wir, dass Albanien nicht weit weg ist. Ein grosser Teil der Bevölkerung spricht Albanisch, und nicht Serbisch. Wir verstehen noch nichts davon.
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