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unsere Juli 2006 story

25.07.06

Wir sind wieder in Sarajevo. Wir sind gestern (24.07.06) hier angekommen, per Zufall auf den Tag 3 Monate nach unserer ersten Ankunft.
Wir sind in der gleichen Pension in der Altstadt abgestiegen wie letztes Mal, d.h. bei einer Bosnischen Familie die einige Jahre in Bulle (Kt Freiburg) gelebt hat. Die 2 teenager Töchter sind gestern für einen Monat in die Schweiz gereist. Sie waren ganz aufgeregt, nach 6 Jahren ihre Schulkolleginnen wieder zu treffen.
Auch hier in Sarajevo haben wir schönes Wetter. Es ist heiss, aber nicht unangenehm. Gestern nachmittag hat es gedonnert, geblitzt und kurz geregnet, eine willkommene Abwechslung. Im Vergleich zum April hat es wesentlich mehr Touristen in der Altstadt.

Nun einiges zu unseren letzten Tagen vor Sarajevo. Wir waren also auf der Alp Prokosko jezero im Vranica Bergmassiv bei Fojnica. Die Alp liegt auf 1664 m. Die Alp ist eigentlich ein kleines Bergdorf, für 4 Monate im Jahr bewohnt, von Bauern aus 3 oder 4 tiefer liegenden Dörfern. Der Weg zur Alp ist am Schluss 17 km sehr schlechte Waldstrasse. Wir liessen uns mit einem Jeep hochfahren und 5 Tage später wieder abholen. Die Bauern gehen mit dem Vieh zu Fuss hoch, und Ende September wieder ins Tal. Im Winter liegen hier 5 Meter Schnee. Es gibt einen kleinen Laden. Brot und Käse hatten wir allerdings von der Nachbarsfrau, immer frisch. Strom gibt es keinen, dieser soll nächstes Jahr kommen. Die Bauernhäuser sind alle aus Holz, mit steilem Schindeldach, meist bis auf den Boden reichend. Wir wohnten in einem neueren Blockhaus, mit 2 Zimmern plus kleinem Massenlager für Touristen. Es gibt auch ein paar Weekendhäuser hier.
Kaum angekommen haben wir schon Ibro kennengelernt, in Paul's Alter, ein Einheimischer vom Tal. Er hat viele Jahre als Kellner in der Schweiz gearbeitet, z.Bsp. auf dem Bauschänzli in Zürich, in Basel, Leukerbad, auf der Selamat bei Unterwasser, etc. Jetzt ist natürlich auch hier Ferienzeit. Viele ausgewanderte Bosnier kommen zurück für Ferien. So einer aus Dallas, Texas. Ich habe ihn wirklich für einen Amerikaner gehalten. Er hat dort als Lastwagenfahrer begonnen, und hat nun ein kleines Transportunternehmen, sagte er. Ein anderer Bosnier ist aus Australien zurück und auf die Alp Prokosko jezero gekommen. Für ihn ist die Schweiz das beste Land der Welt. Er ist anerkannter Flüchtling, hätte also in der Schweiz bleiben können, hat aber schliesslich das wärmere Australien vorgezogen, aus gesundheitlichen Gründen. Sein Knie sei kaputt, da er eineinhalb Jahre im Konzentrationslager auf dem Betonboden hätte schlafen müssen. Sein Vater wohnt seit über 30 Jahren in Luzern. Wir haben viele Lebensgeschichten gehört, hier und anderswo. Auch wenn sie nicht alle stimmen sollten geben sie trotzdem eine Idee wie die Wahrheit der Auswanderung sein könnte.

Wir sind natürlich in Prokosko jezero auch gewandert. So auch auf die 2 höchsten Punkte des Vranica Gebietes: Nadkrstac (2110 m) und Locika (2106 m). Es waren fast Spaziergänge über Alpwiesen. Die Aussichten waren sehr schön, die Fernsicht nicht sehr gut (wie sie eben im Sommer meist in den Bergen ist). Mit Kompass und Karte konnte Paul aber trotzdem die wichtigsten anderen Berge, Täler und auch Sarajevo identifizieren. Die ganzen 5 Tage hatten wir sehr schönes Wetter, und nachts die Milchstrasse gesehen wie kaum zuvor.

Auf den Weiden haben wir natürlich die Schafhirte getroffen und uns mit ihnen, so gut es ging, unterhalten. Unsere Bergschuhe waren Gegenstand von Bewunderung. Die Hirten gehen mit der Herde morgens so um 8 Uhr hoch und kommen abends nach 7 Uhr zurück ins Alpdorf. Ein Hirte, den wir unterwegs getroffen haben und der uns auf seiner Holzflöte vorgespielt hat, hat uns nach Rückkehr in sein Haus eingeladen. Kochen, essen, schlafen finden im gleichen Raum statt. Kein Fenster. Offene Türe oder Kerzen geben Licht genug. Der ganze Boden ist mit Teppichen ausgelegt. Selbstverständlich bleiben die Schuhe draussen vor der Tür. Sitzen am Boden, oder auf niederem Sofa der Wand entlang. Essen auf dem Boden sitzend. Kochherd in der Mitte des Raumes. Alles sehr einfach, aber blitzsauber. (Als der Hirt etwas Zigarettenasche auf den Boden fallen liess, kam die Enkelin sofort mit einer kleinen Rollerbürste.)

17.07.06

Im Moment sind wir in Fojnica, 55 km westlich von Sarajevo. Wir waren im April schon hier, es war unsere letzte Station vor Sarajevo.

Von Livno aus haben wir eine grosse Wanderung gemacht, auf den Berg Cincar, 2006 m. Dieser Berg ist interessant, weil er ganz alleine steht, ringsum für viele Kilometer kein Berg vergleichbarer Höhe ist, und er eine interessante Aussicht bietet. 2006 Meter ist ja für Schweizer Verhältnisse nicht gerade hoch, aber wegen der Höhendifferenz und der Temperatur war die Besteigung für uns Herausforderung genug. Wir waren 13 Stunden unterwegs, bei Sonne und Wolken, und ein paar wenige Regentropfen. Der Anstieg führte über eine sehr grosse Hochebene, wo kilometerweit nebst ein paar Alphütten 'nichts' zu sehen ist. Da der Berg sichtbar war mussten wir gar nicht gross nach Wegen Ausschau halten. Wir konnten einfach querfeldein Richtung Ziel laufen. Da das Gebiet geologisch noch zu Dalmatien gehört, karstig ist, findet man kein Wasser, keinen Bach. Auf dem Rückweg gingen wir deshalb bei einer Alphütte vorbei, um unsere Wasserflaschen wieder zu füllen. Zwei Frauen waren dort. Das Wasser schöpften sie aus einer grossen Zisterne. Wir mussten unbedingt noch einen Kaffee trinken. Dazu gab es einmal mehr Schafskäse und feines Brot. Die 2 Hirtinnen haben 400 Schafe.

Von hier (Fojnica) aus wollen wir für ein paar Tage auf eine Alp mit Bergsee (Prokosko jezero) und von dort aus das Bergmassiv 'Vranica' etwas bewandern. Der höchste Punkt des Vranica heisst Nadkrstac. Ein schöner Name, oder nicht?

13.07.06

Wir sind im Moment in Livno, im Süden von Bosnien Herzegowina, genau gesagt bereits in der Herzegowina, nordöstlich von Split, nicht weit von der Grenze zu Kroatien (und nicht weit vom Meer).
Von Bihac sind wir mit dem Bus in südöstlicher Richtung nach Drvar gereist. Wir wollten eigentlich dort übernachten, da der Ort aber nicht attraktiv war sind wir gleich mit dem nächsten Bus weiter nach Bosansko Grahovo. Wir fanden ein Zimmer in einem Restaurant gleich an der Ueberlandstrasse. Dort sind wir einen Tag geblieben. So konnten wir vom Zimmerbalkon aus beobachten, wie Lastwagenfahrer und Waldarbeiter, aber auch Polizisten stundenlang Pause machen können. Es scheint hier ein anderes Zeitverständnis zu herrschen. Wir hatten aber auch eine schöne Aussicht in die Berge und in eine grosse kaum bewirtschaftete Ebene. In 3 km Entfernung haben wir auch das Dorf Obljaj gesehen, den Geburtsort von Gavrilo Principe. Wer war dieser Gavrilo? Jener bosnisch-serbische Hitzkopf, der 1914 an einer Strassenecke in Sarajevo den österreichischen Kronprinzen Ferdinand erschossen hat. Dieser Mord hat ja bekanntlich den 1. Weltkrieg ausgelöst. Man staune: in Bosanko Grahovo heisst eine Strasse immer noch Gavrilo Principe. Vor dem Krieg 1992 - 95 war dieser Ort zu 99 % von Serben bewohnt. Die meisten Serben sind im Krieg geflüchtet. Ein Teil ist nach dem Krieg zurückgekehrt. Ein Zeichen dafür: Auf den neuen Sonnenschirmen im Strassencafe Montenegro ist dieser Name in kyrillischer Schrift. Die Serben sind ja bekanntlich vorwiegend orthodoxen Glaubens und verwenden deshalb das kyrillische Alphabet (ein H ist ein N, ein P ein R, etc). Wir haben bereits Uebung im Entziffern. Bosansko Grahovo macht einen deprimierenden Eindruck. Die Zeichen des Krieges sind auch nach über 10 Jahren noch allzu sichtbar. Von ein paar 4- oder 5-stöckigen Wohnblocks ist nur noch die Betonstruktur vorhanden. Die Backsteinwände sind verschwunden. Offensichtlich wurden die Backsteine anderswo für den Wiederaufbau benötigt. Auf jeden Fall liegen keine Backsteine mehr bei den Trümmern. Es gibt aber auch neue Wohnblocks und Häuser. Und für uns wichtiger: auch hier sind die Leute hilfsbereit.
Heute Donnerstag (13.07.08) sind wir von Bosansko Grahovo nach Livno weitergereist, 75 km, den grössten Teil über eine riesige Ebene (Livanisko polje) mit Bergen links und rechts. Eine Busverbindung gab es nicht (mindestens nicht gestern und heute, doch vielleicht an anderen Tagen, die Leute wussten dies nicht so genau). So kam halt Autostop wieder mal zum Zug. Mit 2 Autos haben wir dies in relativ kurzer Zeit geschafft. Der erste Autofahrer hat mal in Visp gearbeitet, und uns zu einem Kaffee eingeladen. Der zweite Autofahrer war als Brotlieferant unterwegs und hat gleich wärend der Fahrt per handy eine Privatunterkunft für uns besorgt. Als wir bei der Bäckerei ankamen, hat schon jemand von der Unterkunft auf uns gewartet. Wir können uns also nicht beklagen. Es geht uns wirklich gut. Hoffentlich bleibt dies meistens so.
Für morgen haben wir eine Wanderung in die Berge vor.

08.07.06

Wir sind heute Samstag (08. Juli) wieder in Bihac eingetroffen. Hier waren wir ja schon im Februar und März, insgesamt 6 Wochen. Wir haben wieder ein Zimmer beim gleichen Lehrerehepaar. Freude und Ueberraschung des Wiedersehens waren gross. Diesmal wollen wir allerdings nur ein paar Tage bleiben.
Vorher haben wir an der Grenze Slovenien / Kroatien in Vinica 4 Tage gezeltet, und von dort aus Wanderungen entlang dem Grenzfluss Kolpa gemacht. Dann haben wir Kroatien in 2 Tagen durchquert, per Bus über Karlovac und Slunj.

03.07.06

Wir sind am letzten Freitag (30. Juni 06) wieder aufgebrochen.

Mit dem Zug bis Villach (in Kärnten). Am Samstag, ebenfalls mit den Zug, via Ljubljana nach Ivancna Gorica (südöstlich von Ljubljana). Von dort aus am Sonntag das Zisterzienser-Kloster in Sticna (auf Deutsch: Sittich) besucht. Nun in Crnomelj, schon in der Nähe der Grenze zu Kroatien. Am Grenzfluss, der Kolpa, wollen wir einige Tage zelten.
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